Leon Mickelson ist gelernter Braumeister. Sechs verschiedene Biersorten produziert er in seiner kleinen Anlage im Lokal „The Brew“, der schicken Bar des Kerry Hotel in Shanghais Hochhausviertel Pudong. Leons Leidenschaft aber ist der Cider, die britische Version des Apfelweins. „Hier in China bin ich der Pionier“, sagt er stolz. Das bevölkerungsreichste Land der Erde ist auch an Äpfeln nicht arm. 25 Prozent der Weltproduktion werden in China geerntet – und dort roh gegessen oder zu Saft verarbeitet. Aber nicht nur. Seit Leon vor gut vier Jahren seinen Chef davon überzeugen konnte, im Hotelkeller eine Kelterei einzurichten, gibt es in Shanghai Apfelwein. 4,5 Prozent Alkoholgehalt, spritzig und, für den hessischen Gaumen leider, eher süß und leicht. „Medium dry“ nennt der Produzent die Geschmacksrichtung.
„Das liegt an den Apfelsorten, die hier wachsen“, erklärt Leon. Herbe Kelteräpfel werden in den Anbaugebieten um die Stadt Yantai in Nordchina nicht angebaut. Deshalb muss der rührige Neuseeländer sein Stöffchen aus Gelbem und Roten Delicious, Rotem Fuji und Pacific Rose keltern. „Das passt ohnehin besser zum chinesischen Markt.“ Denn das „Brew“ bietet den Cider vor allem als Damengetränk an. „Unsere Alternative zum alkoholhaltigeren Champagner“, sagt Leon. 12 000 Liter produziert er pro Jahr, sie werden ausschließlich vor Ort ausgeschenkt. Standardmaß ist dabei das Pint, das sind 454 Milliliter. Bleibt als weiterer Wermutstropfen für den hessischen Apfelwein-Aficionado der Preis von 68 Yuan pro Glas. Das sind 8,23 Euro und damit etwa dreimal so viel wie Frankfurts Wirte verlangen. Gut: In Shanghai sind ja auch die Wolkenkratzer doppelt so hoch wie am Main.