Drei Schirme sind zu wenig für sechs Männer. Zwei kleine, zwei mittlere und zwei große mussten sich den Regenschutz teilen, als es am Samstag um den besten Startplatz ging. Grau in grau zeigte sich Shanghai der Formel-1-Wel, die eigentlich eine bunte ist. Und eine laute. Aber selbst der Schallpegel ließ zu wünschen übrig. Die neuen Sechszylinder sind höchstens ein Drittel so laut wie die einstmaligen Zwölfzylinder und mein physikalisch-mechanischer Verstand begreift es nicht. Na gut. Hauptsache schnell. Aber der Reihe nach. Am Samstag machten wir uns in der erwähnten Sechs-Mann-Formation auf, das Qualifying des Großen Preis von China auf dem Shanghai Circuit zu verfolgen. Wir waren insgesamt nicht sehr viele. Es regnete und wir bedauerten die Fahrer, die für ihr Millionengehalt in offenen Wagen höchst öde Runden drehen mussten. Kein Wunder, dass manch einer noch eine Runde mehr einlegte und den Wagen um sich um die eigene Achse drehen ließ. Aber sei’s drum. Wir hatten unseren Spaß, picknickten unter der Tribüne und Hamilton gewann seine Pole Position, von der aus er am nächsten Tag das Rennen souverän gewann. Fertig! Nein! Um Gotteswillen! Es gibt doch noch so viele nette Dinge zu berichten, weit jenseits von einem aus einem Silberpfeil gerecktem Arm. Zu berichten ist zum Beispiel davon, dass an manchen Getränkeständen das Bier – im Auschank waren Budweiser und Heineken – zur Neige gegangen ist und der im Vorteil war, der sich am Zaun mit Tsingtao versorgt hat, das hilfreiche Halbschwarzhhändler, geduldet, aber nicht erlaubt, feil boten. Oder vom Respekt, ja geradezu Ehrerbietung, die Michael Schumacher in der Formel 1- Gemeinde noch genießt. Zum offiziellen Merchandising gehören nicht nur Verkaufsstände der aktuellen Teams, sondern auch ein eigenes Schumi-Zelt. Überflüssig zu erwähnen, dass jeden Wagen im Teilnehmerfeld ein “Keep fighting, Michael”-Sticker zierte. Hinter der Haupttribüne schwenkte dann auch ein Fan eine riesige Fahne, die Schumi als Riesen Gulliver darstellte., der von einer Horde Liliputaner beim Pit Stop wieder in Form gebracht wird.
Formel 1 ist in Shanghai auch der größte Expat-Treff. Die Deutschen, Engländer, Finnen, Spanier, Mexikaner, Dänen, Schweden, Japaner, Australier, Brasilianer und Russen der Stadt wollen ihre Champions sehen, die Amerikaner freuen sich, wenn etwas los ist und alle anderen gehen hin, weil wir Deutschen, Engländer, Finnen, Spanie, Mexikaner, Dänen, Schweden, Australier, Japaner, Brasilianer und Russen hin gehen, um unsere Champions anzufeuern. Und die Shanghaier? Die sind keineswegs neutral. Auch die feuern die, ich spare mir jetzt die Aufzählung, Fahrer aller Nationen an und sind ziemlich begeistert dabei.
Nun gut, unsere weitgereiste Deutschlandfahne – sie war schon mit bei Olympia in London – hatten wir auch dabei.
Hätte ich Benzin im Blut, würde ich mich jetzt über die Überlegenheit der Mercedes-Renner mit Hamilton und Rosberg auslassen, über die Stallorder bei Red Bull, die ab jetzt nur noch rote Ochsen heißen und über die chinesische Polizei, die ihre Polizeihunde mit einem Mäntelchen ausstattet, auf dem auf chinesisch und englisch Polizeihund steht. Damit niemand denkt, der nette uniformierte Mann würde gerade sein Mittagessen zur Schlachtbank führen ( so viel Klischee sei dem Shanghai Reporter gestattet).
Überhaupt die Uniformierten. Die hatten so wenig zu tun, dass die Ordner hinter unserem Block sich gegenseitig die Dienstmützen vom Kopf stahlen, ins Gras warfen und sich daran freuten, wenn deren Inhaber beim Wiederholen derselben eine deftige Rutschpartie hinlegte. Ohne Boxenstopp, Auftanken und Reifenwechsel.
Was bleibt als Fazit: Trotz Start-Ziel-Sieg ist so ein Autorennen eine amüsante Angelegenheit, leider nicht mehr so richtig laut, aber dafür die Gelegenheit, künstlerisch wertvolle Fotos zu schießen.