Die Ballade vom kleinen Marathon-Mann

Am braunen Flusse ruhig erwartend stehn
Die Läufer, leuchtend Grün gekleidet
Die Zahl ist groß, die ersten ziehn
davon beim Klang von Starters Glocke.

Der Füße siebzigtausend trommeln
auf den Asphalt vor ewigen Gemäuern.
Und mittendrin der tapfre kleine Mann.
Zehn Kilometer solln es heute werden.

Das grüne Band der Läufer schlängelt sich
durch Shanghais Häuserschluchten morgens früh.
Der kleine Mann, er nimmt die Füße in die Hand,
vom Straßenrand aus laut ermuntert.

Pauken senden ihren Schall von strahlenden Senioren
zu abertausenden von Läufern. Energie schafft
der Support. Der kleine Mann bei Kilometer fünf
lässt viele Große hinter sich. Er lacht.

Am Morgenhimmel lichtet es, helfende Hände
reichen Wasser und Elektrolytentrank. Der
kleine Mann greift dankbar zu. Zum Rasten hat er
keine Zeit. Pappbecher bilden wilde Pyramiden.

Menschengesäumt die Straße unter den Platanen.
Hände klatschen, Hörner tönen, das Ziel ist
nah. Es winkt der kleine Mann dem Vater zu.
Doch der ist weg, voran den langen Weg.

Weit offen steht das Tor zum Ziel im Fuxing Park.
Der kleine Mann, sein Freund an seiner Seite, sie ziehn
triumphvoll ein. Geschafft, ein Viertel mehr als eine
Stunde. Mein Glückwunsch an die Jungs.

Inspiriert von Friedrich Hölderlin, gewidmet meinem Sohn und dreimaligen Finisher Oskar
Shanghai Marathon 2015

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